FLoK – Projekte: Knastfunk – Die Brücke

Die Initiative “Antiknast-Werkstatt” und die Zeitung “Von Unge” waren schon seit Jahren häufiger Gäste im FloK und berichteten immer wieder von den Zusänden in deutschen und rheinischen Gefängnissen. Dabei stellte sich aber schnell das Problem heraus, daß immer nur aus der Sicht derer, die selbst außerhalb der Gefängnismauern leben, das Thema Strafvollzug erörtert wurde. Lange überlegten wir, wie man Radio im Gefängnis aus Sicht der Betroffenen machen könne… Irgendwann nach den Sommerferien 1994 war es dann soweit. Eine Ex-Gefangene tauchte im FLoK auf und berichtet, daß sich in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln in einem der Frauenhäuser eine Gruppe gegründet habe, die mit uns Radio machen wolle! Jetzt mußte der offizielle Kontakt mit der JVA gesucht werden. Wie würde die JVA auf unser Ansinnen reagieren? Meinungsfreiheit und Knast.
Ist das nicht wie Feuer und Wasser?

Nach gut drei Monaten Sicherheitsüberprüfung machte Christoph Schaefler im November seinen ersten “Antrittsbesuch”. Anfang Januar 1995 lief bereits der erste größere Sendebeitrag über den Äther, der direkt im Knast aufgenommen und geschnitten wurde.
Und seitdem können Gefangene ohne Zensur und Reglementierung (es gelten die üblichen Bestimmungen des Landesrundfunkgesetzes) im Bürgerfunk über Radio Köln zu Wort kommen. Die Radiogruppe trifft sich jeden Montag und wird betreut vom FLoK- Mitarbeiter Christoph Schaefler.

Von Anfang an bestand bei den Gefangenen der Wunsch, daß dieses Projekt dem gegenseitigen Austausch und der Kommunikation dienen sollte. Sie wollten eine Brücke schlagen von drinnen nach draußen und hofften, daß auch von draußen Menschen bereit waren, diesen Brückenschlag in umgekehrter Richtung zu wagen. Im FloK gründete sich schnell eine externe “Knastgruppe”, die sich genau dieses Ziel auf die Fahnen geschrieben hat. Einmal im Monat trifft sich nun eine Gruppe von „Draußen” mit Inhaftierten in der JVA. Dieses Treffen dient dem gegenseitigen Kennenlernen, zum Planen neuer Themen für’s Radio, zum Reden, Diskutieren oder einfach mal zuhören.
Trotz der guten Zusammenarbeit mit der JVA ist das Radiomachen im Knast auf Grund der Rahmenbedingungen äußerst kompliziert. Man kann nicht “mal eben so” dahin fahren und schnell ein paar Leute zusammentrommeln, wenn einem etwas Gutes einfällt und es möglichst schnell realisieren will. Mühselig müssen die zehn Gefangenen erst aus ihren unterschiedlichen Hafthäusern abgeholt und dann im “Bildungstrakt” zusammengeführt werden. Und am Ende der “Veranstaltung” dasselbe wieder zurück. Allein damit gehen bis zu 60 Minuten Zeit verloren.

Dennoch und gerade trotzdem werden wir diese Arbeit mit höchster Priorität fortführen. Es gibt wohl kaum einen anderen Bereich, über den soviel Vorurteile und Fehlinformationen bestehen, wie über den Knast. Am Thema Knast läßt sich sowohl die ganze Lebenssinnfrage wie auch die Diskussion über die generellen Strukturen unserer Gesellschaft sehr gut hinterfragen. Und genau das haben sich die Gruppen vorgenommen und dem Projekt einen Namen gegeben: Die Brücke.

Der Brückenpfeiler “drinnen”

Seit Dezember 1994 besteht eine neue Brücke. Es ist eine Brücke: Zum Abbau der Ängste, zu den Alleingelassenen, zum Abbau der Hilflosigkeit, der Kälte, der Hoffnungslosigkeit. Aber es ist – soll auch – die Brücke der Kommunikation sein. Einige Gefangene der JVA Köln wollen den Eisberg zwischen der Freiheit und der Gefangenheit zum Schmelzen bringen, wagen neue Schritte zu gehen. Vielleicht können wir alle, Knackies und ihr draußen, diese neuen Schritt der Hoffnung, der Toleranz und mehr Menschlichkeit gemeinsam auf der “Brücke” gehen. Wir Knackies stehen schon auf der einen Seite der Brücke und hoffen, daß Ihr den unsrigen, ausgestreckten Arm der Freundschaft und Verständigung nicht zurückweist. Über den FloK kann der Kontakt mit uns aufgenommen werden. Wir freuen uns schon jetzt auf jeden Schritt.
(Gaby Außem)

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